Das Problem mit den Vorsorgeuntersuchungen
für Asbestopfer

Siehe auch: Nachgehende Vorsorgeuntersuchung

 
 
Die Geschichte mit und um die Witwe dieses verstorbenen Kollegen führt mich zu einem weiteren, sehr unangenehmen Kapitel unseres Kampfes. Obwohl wir während unserer Ermittlungen die BG immer wieder auf die Asbestverarbeitung an unseren Arbeitsplätzen aufmerksam gemacht und ihr hatten beweisen können, dass in dieser Firma über die Jahrzehnte hin sehr viele Arbeitnehmer mit Asbestfasern kontaminiert worden sind, geschah nichts.
 
Die BG befand es nicht für nötig, uns in das bundesweite medizinische Asbestvorsorgeuntersuchungsprogramm einzubeziehen.
 
Sie können sich sicherlich vorstellen, wie das auf uns gewirkt hat. Wir alle waren täglich über Jahre hin mit großen Mengen von Asbestfasern in Berührung gekommen. Bei jedem von uns kann jederzeit ein Asbestlungen- oder Kehlkopfkrebs oder ein Mesotheliom entstehen.
 
Wir lebten (und leben) faktisch in einer großen Ungewissheit und in wachsender Angst.
 
Doch niemand untersuchte uns, niemand bemühte sich darum, eine maligne Geschwulst möglichst frühzeitig zu entdecken und zu behandeln.
 
Die Beispiele unserer bereits verstorbenen Kollegen vor Augen, wusste keiner von uns, ob die beiden vielleicht noch leben könnten, wenn der Krebs rechtzeitig erkannt worden wäre.
 
Ich für meinen Teil war damals noch ein junger Vater und meine drei Kinder noch klein. Die Vorstellung, ich müsste bald sterben und meine Kinder und meine Frau allein auf dieser Welt zurück lassen, jagte mir kalte Schauer über den Rücken. Es bedrückte mich und meine Familie so sehr, dass ich mit niemanden darüber reden konnte, außer manchmal mit meiner Frau.
 
Ich weiß, dass es den Kollegen, auch den älteren unter ihnen, genauso oder ähnlich ging wie mir.
 
Ich überlegte also lang, was ich, was wir da tun können. Das war zu der Zeit als abeKra ihre Homepage aufbaute und da kam mir die Idee, das Internet auch für uns und unsere Gruppe zu nutzen.


Es konnte ja sein, dass die BG reagierte, wenn wir unsere Geschichte und unsere Not im Internet veröffentlichen.

Und tatsächlich.

 
Nachdem ich von einem Originalaushang mit Asbesthinweis eine Kopie mit Zeichnungen auf meiner Homepage veröffentlicht und gezeigt hatte, wo und wie Asbest in der Firma verarbeitet worden war, kam Bewegung in die Sache.
 
Wir selbst haben uns selbst bei der 
Gesundheitsvorsorge (GVS) - vormals ZAs  angemeldet und regestrieren lassen. Und -endlich- wurden wir in das nachgehende Vorsorgeprogramm für Personen, die bei ihrer beruflichen Tätigkeit asbestfaserhaltigem oder künstlichem mineralischem Faserstaub ausgesetzt waren aufgenommen.

 
Leider hat uns die BG niemals zuvor darüber informiert, dass sich jeder asbestgefährdete Arbeitnehmer bei der ZAS selbst anmelden und dann automatisch Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch nehmen kann.


 
Das erfuhren wir erst jetzt- und waren doppelt empört, wie Sie sich sicherlich gut vorstellen können. Ein Ermittlungsverfahren wegen Verdacht auf eine Asbestose- Erkrankung nach BK- Nr.: 4103 sollten Sie, wenn Sie betroffen sind wie wir, neben Ihrer Meldung bei der für Sie zuständigen BG auch bei der ZAS beantragen, weil diese Meldung bei der ZAS unabhängig von einem BK- Ermittlungsverfahren durch die BG und einer eventuellen Entschädigung ist.
 
Sie bewirkt, dass Sie regelmäßige nachgehende Vorsorgeuntersuchungen in Form von HRCT Röntgenaufnahmen im Abstand von ein bis zu drei Jahren auf Kosten der BG erhalten können. 

Kostenträger ist im vollen Umfang die zuständige Berufsgenossenschaft. Ebenso werden die Fahrtkosten oder auch eventuelle Lohnausfälle erstattet. Aber bitte darauf achten, dass das Bild gebende Verfahren korrekt durchgeführt wird. Es muss von zwei Seiten geröntgt bzw. die Computertomografie in Bauch- und Rückenlage oder Bauch- und Seitenlage durchgeführt werden. Nebenbei bemerkt liefert die GVS vormals ZAS- Erfassungsstelle auch der Bundesregierung die notwendigen statistischen Daten u.a. zu Zahl und Entwicklung der Asbesterkrankungen in der Bundesrepublik Deutschland. 

Ob in Zukunft bei diesen begleitenden Vorsorgeuntersuchungen die Positronen- Emissions- Tomografie zum Einsatz kommen wird, die sich ja auch und vor allem im Falle des Tumornachweises als das bislang beste der gegenwärtig praktizierten Bild gebenden Verfahren erwiesen hat, muss sich erst nach herausstellen. Ohne Druck von uns allen wird es wahrscheinlich vorerst nicht geschehen, weil die PET derzeit noch als zu teuer gilt. 

27 Anspruch auf diese Vorsorgeuntersuchungen haben alle ArbeitnehmerInnen, die noch im Berufsleben stehen oder Rentner sind und die in ihrem Arbeitsleben direkt oder indirekt gegenüber Asbest exponiert waren. 

Es ist ein einklagbarer Rechtsanspruch. 

Das ist wichtig, weil eine solche Untersuchung von den Krankenkassen nur in Ausnahmefällen (aus Kostengründen) bei begründetem Verdacht übernommen wird, also die Asbestose schon ausgebrochen ist. Dann aber ist es zu spät. Wenn Sie die Einladung zu Vorsorgeuntersuchung erhalten, sollten Sie sich vorher mit dem von den BGen im Rahmen der im SGB VII verankerten BG- Heilverfahren ermächtigten Arzt in Verbindung setzen und ihn fragen, welche Untersuchungen er durchführen will oder kann. 

Wir haben die Erfahrung machen müssen, dass nicht gerade wenige Lungenfachärzte, die die BGen zu diesen Vorsorgeuntersuchungen ermächtigt haben, das ganz normale, einfältige Röntgenverfahren anwenden und nicht, wie nach internationaler Vereinbarung (ILO-Standart 2000) verpflichtend, das HR- CT, also das hochauflösende CT. Kann der Arzt nur röntgen, müssen Sie versuchen, mit Billigung der BG eine Überweisung zu einer radiologischen Praxis zu erhalten, die das HR- CT- Gerät hat.
 
Das heißt, Sie müssen Widerspruch bei ZAS und/oder der BG einreichen.
 
Mit Hinweis auf den Rechtsanspruch verlangen Sie, dass ein anderer Facharzt oder aber eine andere radiologische Praxis mit der entsprechenden Geräteausstattung benannt wird. Das geht durch- macht halt nur Mühe. Aber sie lohnt sich. Wichtig ist auch, dass Sie einen ermächtigten Arzt finden, der die klinische Untersuchung beherrscht und der sich nicht allein und nicht in erster Linie auf die apparative Untersuchung verlässt. Die Abstände zwischen den HR- CT- Untersuchungen sollten länger sein, denn jedes HR- CT bedeutet eine höhere Strahlenbelastung als das einfache Röntgen- und das summiert sich mit der Zeit.
 
Die dann drohende Aussicht, statt an einem Asbestkrebs an Leukämie durch Radioaktivität zu erkranken, zeigt allerdings, in welch vergangener Jahrzehnte gnadenlos wegbegutachtet haben, um die Asbestgefahren systematisch und angeblich wissenschaftlich begründet weiter leugnen zu können, gebracht haben.
 
Diese Ärzte haben tausende und abertausende von Asbestopfern auf dem Gewissen- mich bzw. uns mittelbar auch. Ohne deren Gutachten und Expertisen wäre Asbest mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit viel früher nicht mehr angeboten und gewerblich- industriell verarbeitet worden.
 
 
 
26 GVS Gesundheitsvorsorge,


Weitere Infos unter:  Nachgehende Vorsorgeuntersuchung

Ein Vordruck zur eigenen Anmeldung kann in Form einer pdf-Datei heruntergeladen und der GVS per Email oder Fax übermittelt werden.
 
27Anmerkung der Redaktion:
 
Zur Anerkennung des PET durch Sozailversicherungen vgl. das Urteil des SG Leipzig aus 2003, in dem ein SG zum ersten Mal eine Krankenkasse verpflichtet hat, die PET- Kosten für einen an einem Morbus Hodgkin, einer Leukämieform erkrankten Versicherten zu übernehmen.

 

 

 

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